Big Data trifft auf Machine Learning: Digital Services im Off-Highway-Sektor
Vom Internet of Things über Cloudlösungen und Biga Data hin zu Mobile Apps: Die fortschreitende Digitalisierung ermöglicht es, dass Services und Lösungen für die Off-Highway-Märkte individueller, durchgängiger und transparenter gestaltet werden können. Technologieanbieter stellen eine Vielzahl smarter Lösungen bereit, mit denen sich eine Steigerung der Effizienz, der Zuverlässigkeit sowie der Sicherheit und des Komforts mobiler Arbeitsmaschinen erreichen lässt.
Mobile Arbeitsmaschinen mit modernen Assistenzsystemen sammeln in ihren unterschiedlichen Einsatzszenarien große Datenmengen – es gibt also genügend Potenzial für Big-Data-Analysen. Was auf den ersten Blick als einfache Idee erscheint, erweist sich in der Umsetzung als Herausforderung. Denn welchen Mehrwert das Datenmanagement in der täglichen Arbeitspraxis von Baumaschinen oder Landmaschinen tatsächlich liefert, leitet sich in erster Linie von der Anwendungserfahrung des Technologieanbieters ab. „Uns ist wichtig, keine beliebigen Daten anzuzeigen, nur weil ein entsprechender Sensor verbaut ist. Wir wollen dem Kunden Daten liefern, mit denen er seine Maschinenflotte managen und damit möglichst wirtschaftlich betreiben kann“, erklärt Liebherr-Produktmanager Wolfgang Boos.
Vor allem zwei Fragen stehen im Zentrum der Diskussionen, wenn es um Use-Cases wie digitales Flottenmanagement und Maschine-zu-Maschine-Kommunikation für Land- und Baumaschinen geht: Wie können die Anwender in der Praxis von Big Data profitieren? Und wie lässt sich Künstliche Intelligenz sinnvoll in Off-Highway-Maschinen integrieren? Vollständig modular und offen gestaltete Systeme vernetzen die Fahrzeuge und deren Subsysteme über eine Cloud, wobei der Funktionsumfang individuell konfiguriert werden kann. Erstausrüster (OEMs) können so über validierte Softwarepakete eigene Anwendungen gestalten und Maschinenvermieter neue Geschäftsmodelle erarbeiten.
Arbeitsfortschritte auf Knopfdruck einsehen
Durch den Zugang zu smarten Sensordaten mit Telematiklösungen wird die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation zur Realität. Flottenmanagement und Ferndiagnose sind typische Einstiegsszenarien für Big-Data-Anwendungen im Off-Highway-Bereich. Mit ihnen lässt sich der gesamte Maschinenpark auf einen Blick verorten. Auf einer Karte kann der Betreiber einen geografischen Bereich, beispielsweise eine Baustelle oder ein Feld, festlegen. Immer wenn sich die Maschine innerhalb dieses Gebiets bewegt, werden sämtliche Daten diesem Bereich zugeordnet (Geo-Fencing). Der User kann einen Zeitraum auswählen und analysieren, wie viele Betriebsstunden beispielsweise ein Mähdrescher auf dem Getreidefeld gearbeitet hat, wie viel Kraftstoff er verbraucht hat und wie viel CO2-Emissionen erzeugt wurden. Diese Daten bilden die Basis für die Abrechnung der Einsätze oder das Erstellen individueller Reports, die Lohnunternehmer ihren Kunden nach der Ernte aushändigen. Die in den Landmaschinen integrierten Telematik-Einheiten beherrschen verschiedene ISOBUS-Funktionen, über die sie Maschinendaten auslesen können. Dies ermöglicht automatisierte Maschinenfunktionen und autonome Maschinen. Landwirte profitieren neben der Präzision von autonomen Maschinen auch von deren sparsamem Umgang mit Ressourcen. Dünge- oder Pflanzenschutzmittel werden dank Big-Data-Analysen nicht großflächig verteilt, sondern teilflächenspezifisch oder exakt auf die Einzelpflanzen aufgetragen.
Damit die Maschinen alle diese Vorgänge übernehmen können, benötigen sie nicht nur Daten – sie müssen die Daten auch entsprechend verarbeiten können. „Wesentlich für eine autonom agierende Maschine ist eine hohe Rechenleistung“, sagt Stefan Taxer, Produktmanager für Mobile Automation bei B&R. Leistungsstarke Edge Controller gewährleisen die notwendige Rechenleistung für Datenanalysen und autonome Prozesse. Sie komprimieren und aggregieren diese Daten und bereiten sie für die Speicherung in der Cloud entsprechend auf. Die Stärke der Steuerungsmodule ist ihre verlässliche Funktion in rauer Umgebung, also überall dort, wo Erschütterungen, extreme Temperaturen, Feuchtigkeit und Schmutz höchste Ansprüche an die Robustheit stellen. IoT-Gateways sind dabei der hardwareseitige Schlüssel zur Konnektivität, um effizienzsteigernde Anwendungen wie Precision Farming zu implementieren. Diese können die Daten entweder direkt oder über einen Adapter aus einer Schnittstelle auslesen.
Probleme erkennen, bevor der Fehlerfall eintritt
Auch Systeme zur vorausschauenden Instandhaltung sowie für Fernwartungen lassen sich mit den gesammelten Echtzeitdaten versorgen. Die Hersteller bauen ihre Angebote an datengesteuerten digitalen Services weiter aus, um Kunden bei der Leistungsoptimierung und Wartung ihrer Maschinen zu unterstützen. Die Hardwarebasis bilden robuste Multisensoren zur Montage an Anlagenkomponenten wie Pumpen, Getrieben, Kompressoren oder Antrieben. Dort sammeln sie Vibrations- und Temperaturdaten. Mittels Bluetooth-Verbindung werden diese Daten an das Gateway und von dort verschlüsselt in die Cloud übertragen. Software verknüpft die Daten mit Big-Data-Analyseinstrumenten und dem Komponentenwissen der Konstrukteure. Über einen längeren Zeitraum werden verschiedene Messwerte gesammelt, bewertet und in einem Machine-Learning-Algorithmus weiterverarbeitet.
Apps bereiten diese Informationen automatisiert auf und warnen zuverlässig vor allmählich entstehenden Defekten. Benachrichtigungen zu Anomalien erfolgen je nach Konfiguration und definiertem Benutzer per SMS oder E-Mail. Aufgrund der Vorhersage kann das Wartungspersonal rechtzeitig reagieren und den Ausfall der Maschine verhindern. Durch die präzise Diagnose können die richtigen Ersatzteile bestellt werden, um die Maschinen schnell wieder in Betrieb zu nehmen. Die mittels Monitoring- und Diagnose-Apps gewonnenen Informationen entfalten auch im Engineering ein großes Nutzenpotenzial. So lässt sich das Maschinendesign anhand realer Lastkollektive und Nutzungsdaten kontinuierlich optimieren.
Der Weg zur vollautomatisierten Arbeitsmaschine
Noch steht die Nutzung des Industrial Internet of Things in den Off-Highway-Sektoren am Anfang. Geringere Herstellungskosten, effizientere Projektumsetzung und schnellere Fertigstellung: Zukünftige Entwicklungen gehen hin zu einem digitalen Zwilling, sodass eine virtuelle Inbetriebnahme möglich wird und die bedarfsgerechte Auslegung des Antriebsstranges vorab simuliert werden kann. Bei der Verwirklichung der Vision einer vollautomatisierten mobilen Arbeitsmaschine begleiten die Technologieanbieter die Kunden von Beginn an bei der Entwicklung marktrelevanter Lösungen.
Stand: 26.09.23