Auf dem Weg zur Null-Emission
Die Elektrifizierung des Antriebstrangs verändert die Off-Highway-Branche nachhaltig
Der Megatrend Nachhaltigkeit macht vor mobilen Arbeitsmaschinen nicht halt. Entwickler und Ingenieure stehen dabei vor der Herausforderung, neue, batteriebetriebene Konzepte für den Antriebsstrang zu entwickeln. Wie lassen sich Elektrifizierungs- und Hybridisierungsprojekte in-time und in-budget umsetzen? Worauf ist bei der Auswahl der Baugruppen und Komponenten zu achten? Antworten auf diese Fragen liefert die SYSTEMS & COMPONENTS. Der B2B-Marktplatz der internationalen Zulieferindustrie für den gesamten Off-Highway-Sektor findet vom 9. bis 15. November 2025 zeitgleich mit der AGRITECHNICA in Hannover statt.
Emissionsarme Technologien spielen eine zentrale Rolle auf der SYSTEMS & COMPONENTS, die in diesem Jahr unter dem Leitthema "Touch Smart Efficiency" steht. In den Mittelpunkt rückt dabei die nächste Generation intelligenter Antriebs- und Systemlösungen für Off-Highway-Anwendungen. „Wenn es um die Dekarbonisierung von Land- und Baumaschinen geht, lässt sich am Markt neben dem Einsatz CO2-reduzierter Kraftstoffe ein Wandel zu zukunftsweisenden E-Mobilitätslösungen beobachten“, bestätigt Petra Kaiser von der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft). Die Brand Managerin der SYSTEMS & COMPONENTS weiß: Die gesamte Branche befindet sich mitten im Wandel hin zu mehr Klimaneutralität. „Das Thema steht im Bauwesen sowie im Bergbau auf der Agenda, ebenso wie in der Land- und Forstwirtschaft“, betont Kaiser.

Großes bewegen ohne Dieselmotor
Durch strengere Umweltauflagen, steigende Kraftstoffpreise und technologische Fortschritte nimmt zudem die Akzeptanz hybrider Antriebslösungen weiter zu. Die Kombination aus E-Maschine, Batteriepaket und Verbrennungsmotor für den Parallelbetrieb, ergänzt durch eine Master Power Unit und Inverter liefert bei Bedarf zusätzliche Leistung und Reichweite. Viele Experten sehen in der Hybridisierung des Antriebsstrangs eine Brückentechnologie auf dem Weg zur vollständigen Elektrifizierung mobiler Arbeitsmaschinen, die wegen des hohen Energiebedarfs noch vor einigen Hürden steht. Neben unterschiedlichen E-Maschinen entwickeln Baumaschinenhersteller deshalb auch mobile Energiespeichersysteme, die sich als Netzverstärkung oder autark im Inselbetrieb einsetzen lassen.
Selbst wenn die klassische Verbrennertechnik noch für lange Zeit das Maß der Dinge im Heavy-Duty-Bereich sein wird: Mittlerweile mehren sich die Anzeichen für eine Trendwende. „Die Elektrifizierung ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie, bis 2030 fossilfreie Optionen für unser gesamtes Mining-Equipment anzubieten“, sagt etwa Oliver Weiss, Executive Vice President R&D, Engineering and Manufacturing der Liebherr-Mining Equipment SAS. Exemplarisch dafür steht der T 264, ein 240-Tonnen-Mining-Truck, der vollständig auf fossile Energieträger verzichtet. Angetrieben wird er von einer 3,2-MWh-Batterie, die sowohl statisches als auch dynamisches Laden während der Fahrt unterstützt. Zusätzlich ausgestattet ist der Muldenkipper mit einem Energiemanagementsystem, das die stationären Ladevorgänge koordiniert und die optimale Auslastung der Ladeeinrichtung ohne Wartezeiten vor Ort sicherstellt. Mittels Autonomous Haulage Solution (AHS) kann der Truck auch ohne Fahrer betrieben werden.

Emissionsfreies Arbeiten Über- und Untertage
Der elektrische Dumper markiert einen großen Schritt nach vorn in dem Bestreben, das Baugewerbe zu dekarbonisieren. Nur selten geht es dabei allerdings um derartige E-Antriebe der Superlative. Konzepte wie sie auf der SYSTEMS & COMPONENTS vorgestellt werden, ermöglichen vor allem kleineren Maschinen emissionsfreies Arbeiten – und damit eine Abgas- und Lärmentlastung, wie sie auf Baustellen in dichtbesiedelten Wohngebieten zunehmend gefordert ist. Systemkompetenz in diesem Bereich demonstrierte jüngst Liebherr mit seinem ersten batterieelektrischen Raupenbagger. Der R 920 G8-E entwickelt dieselbe Leistung wie eine Dieselmaschine der gleichen Kategorie und verfügt über eine Hochvoltbatterie mit einer Kapazität von 188 kWh n oder 282 kWh. Je nach Anwendung erreicht der Bagger eine Betriebsdauer von sechs bis acht Stunden ohne Zwischenladung.
Ein anderes Szenario ist der Bergbau, wo ein hoher technischer Aufwand betrieben wird, um Abgas und Wärme eines Verbrennungsmotors abzuführen. Neue Hochleistungslösungen für Batteriespannungen bis 800 V vergrößern den Einsatzbereich mobiler Arbeitsmaschinen hier deutlich. „Baumaschinen mit großem Leistungsbedarf und beschränktem Bauraum, beispielsweise Radlader, lassen sich so mit einem Elektroantrieb ausrüsten”, erklärt Philipp Kurek, verantwortlich für den Bereich Off-Highway und Marine bei Bosch Engineering. Das neue 800V-Antriebssystem von Bosch besteht aus einem Elektromotor SMG230 und einem effizienten Inverter mit Siliziumkarbid-Powermodulen. Im idealen Spannungs- und Temperaturbereich bietet der Motor eine Dauerleistung bis zu 200 kW – und liefert gegenüber einer vergleichbaren 400V-Maschine bei identischem Gewicht bis zu 80 kW mehr Leistung.
Skalierbarkeit aus dem Baukasten
Das Beispiel zeigt: Die Antriebskonzepte im Off-Highway-Bereich werden kontinuierlich optimiert. Stetig kommen neue Komponenten auf den Markt, um die Elektrifizierung voranzutreiben. Ingenieure, Entwickler und Beschaffungsmanager finden auf dem Messegelände in Hannover ein skalierbares Portfolio an Hochvolt-Systemen zur Elektrifizierung der Fahr- und Arbeitsfunktionen. Die speziell entwickelten modularen Plattformen umfassen neben Elektromotoren und Invertern auch Getriebe, Software und Zubehör sowie abgestimmte Hydraulik. Weitere Schlüsselkomponenten wie Lithium-Ionen Batteriepacks, DC/DC-Wandler und Onboard-Ladegeräte ergänzen das Angebot und ermöglichen ganzheitliche Lösungen.
Der Verzicht auf konventionelle Verbrennungsmotoren reduziert nicht nur die Emissionen und den Wartungsaufwand. Die elektrischen Zentralantriebe eröffnen überdies neue Spielräume in der Fahrzeugarchitektur, beispielsweise durch die Integration intelligenter Steuerungseinheiten und Bremssysteme. Wenn es darum geht, mobile Arbeitsmaschinen zu elektrifizieren, steht nicht nur der Antriebsstrang im Fokus. Nebenabtriebe, sogenannte electric Power Take Offs (ePTO), spielen ebenfalls eine gewichtige Rolle auf der SYSTEMS & COMPONENTS. Diese können beispielsweise Hydraulikpumpen betreiben, die für die Bedienung von Kranen oder Hebebühnen notwendig sind. Anders als bei traditionellen mechanischen Nebenantrieben, die direkt durch den Motor des Fahrzeugs angetrieben werden, arbeiten ePTO unabhängig vom Antriebsstrang. Dies reduziert Kraftstoffverbrauch, Emissionen und Lärmbelästigung erheblich.

Elektrisch auf dem Feld unterwegs
Umweltfreundlich und geräuscharm – das kennzeichnet auch den Betrieb von elektrischen Hof- und Teleskopladern oder Futtermischwagen in der Landwirtschaft. Maschinen, die mit hoher Leistung im Dauerbetrieb fernab von Infrastruktur auf dem Feld im Einsatz sind, eignen sich dem gegenüber nach heutigem Stand nur bedingt für die Elektrifizierung. Die Branche wird also längerfristig an Verbrennungsmotoren festhalten müssen, wobei das Interesse und der Bedarf an klimaschonenden Diesel-Alternativen wächst. Doch was ist heute schon möglich? Eine Frage, deren Beantwortung sich die Expert Stage im Rahmen des Themas "Innovative Antriebstechnologien" widmet. Der zentrale Treffpunkt für Ingenieure und Entwickler gibt Einblicke in die aktuellen Branchenthemen und ist auf der SYSTEMS & COMPONENTS in Halle 17 zu finden.
Experten wie Carlo Lambro sehen ein großes Potenzial, insbesondere für Landmaschinen im niedrigen PS-Segment. „Wir sprechen hier über eine mittelfristige Produktstrategie, aber wir arbeiten bereits jetzt intensiv an der Elektrifizierung und an der Fortsetzung unserer F&E-Aktivitäten“, so der Markenpräsident von New Holland Agriculture. Exemplarisch dafür steht der Traktor New Holland T4 Electric Power, der auf der Agritechnica 2023 sein Europadebüt gab. Mit einer Spitzenleistung von 120 PS, einem maximalen Drehmoment von 440 Nm und einer Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h eignet er sich für Viehhaltungs-, Obstbau- und Mischbetriebe sowie für kommunale Anwendungen. Zu den außergewöhnlichen Funktionen zählt der Follow-Me-Modus, bei dem der Traktor dem Fahrer folgt, wenn sich dieser außerhalb der Kabine befindet, etwa beim Durchfahren von Toren oder bei der Viehfütterung.
Effizienzsteigerung der Arbeitshydraulik
Bei Elektrifizierungsprojekten im Off-Highway-Bereich muss nicht zwangsläufig das gesamte Fahrzeug neu konstruiert werden. Oft geht es darum, bewährte Arbeitsabläufe elektrisch angetrieben auszuführen. Im ersten Schritt erfolgt dabei die Trennung von Fahrantrieb und Hydraulik. Durch die direkt elektrische beziehungsweise elektromechanische Ausführung des Fahrantriebs anstatt der hydrostatischen lässt sich die Effizienz des Antriebs deutlich steigern. Zusätzlich kann ein separater Elektromotor, der die Hydraulikpumpe für die Arbeitsfunktionen wie Heben, Senken, Kippen und Lenken antreibt, im reinen Fahrbetrieb auf einen minimalen Energieverbrauch heruntergefahren oder komplett abgeschaltet werden.
Anstatt eines vollständigen Umstiegs auf rein elektrische Maschinen zeichnet sich auf der SYSTEMS & COMPONENTS damit ein hybrides Szenario im Off-Highway-Bereich ab. Und das heißt: Elektrische Aktuatoren ergänzen die Hydrauliksysteme dort, wo es sinnvoll ist.